«Ganzheitliche Erfassung der Bedürfnisse für eine optimale Anlagestrategie»

Geld über Generationen hinweg anzulegen, setzt eine wirksame Anlagestrategie voraus. Dazu braucht es einen Partner mit Weitblick, der Mensch und Bedürfnisse in Einklang mit den finanziellen Zielen bringt, sagt Emilia Marcolino, Leiterin Wealth Management der DC Bank.

5. Juni 2024
Bruno Habegger

Emilia Marcolino, Sie haben eine lange Karriere bei grossen und kleineren Banken hinter sich, haben mit unterschiedlichsten Kundengruppen gearbeitet. Wie unterscheiden sich die Kundenbedürfnisse?

Die Bedürfnisse der Menschen sind einander in finanziellen Dingen sehr ähnlich. Alle möchten ihr Geld sicher wissen und es wertvermehrend anlegen. Sie möchten finanzielle Sicherheit und erwarten von einer Bank, dass sie sie dabei unterstützt. Im Gegensatz zu früher sind Kundinnen und Kunden aber heute bereits ziemlich gut informiert und wollen mitbestimmen. Das macht unsere Arbeit anspruchsvoller, aber auch vielseitiger. Wir sorgen mit unserer Erfahrung für Klarheit in der Informationsflut.

Wie stark ist der Wunsch nach Profit?

Natürlich erwarten die meisten Kundinnen und Kunden vor allem eine Wertvermehrung. Doch nicht um jeden Preis. Finanzielle Sicherheit ist genauso wichtig. Im persönlichen Gespräch müssen wir herausfinden, was das Gegenüber genau möchte, wo sie oder er im Leben steht und ihr oder ihm helfen, die individuellen Bedürfnisse zu erkennen und zu formulieren. Mit unserer fast 200-jährigen Anlageerfahrung ist es uns wichtig, gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden massgeschneiderte Lösungen zu finden, um ihr Vermögen langfristig zu vermehren. Wir betrachten die Sicherung des Vermögens unserer Kundschaft als unsere oberste Priorität und sehen es als persönliche Verpflichtung ihnen gegenüber an.

Wie unterscheiden sich jüngere Kundengruppen?

Bei ihnen kommt die Erwartung hinzu, dass die Gebühren tief sind oder gar entfallen. Sie sind aber bereit, für den Service zu bezahlen.

Was ist ein guter Service?

Es geht dabei nicht um spezifische Bankprodukte. Die Kundin oder der Kunde soll sich verstanden, gut aufgehoben fühlen und mit uns als Partner die erwarteten Resultate erzielen. Mit einer vernünftigen Lösung, die passt.

Wir leben aber in einer komplexen Welt.

In der Tat, die Herausforderungen sind zahlreich. Die Sorgen nehmen zu, die Weltlage führt zu Unsicherheiten, die Aktienmärkte sind zunehmend feinfühliger und auf der IT-Seite – dem Nervensystem der Bankenwelt – gehen Cyberkriminelle immer raffinierter vor. Technische Fortschritte und politische Verwerfungen machen die Entwicklungen im Finanzsektor zudem unberechenbarer.

Ihre Antwort darauf?

Wir brauchen noch bessere Kenntnisse über die Situation der Kundschaft und müssen das Gegenüber ganzheitlich verstehen. Der Mensch sucht beim Geldanlegen nicht nach bestimmten Bankprodukten, sondern befindet sich meistens an einem Punkt seines Lebens, an dem er bestimmte Bedürfnisse hat: Anlegen, Finanzieren, Vorsorgen, Steuern, Erbschaften, Nachfolgeregelungen oder eine Unternehmensgründung.

Lässt sich die Beratung nicht durch eine KI (künstliche Intelligenz) ersetzen?

Nein, oder nur teilweise. Sie schafft nicht dasselbe Vertrauen wie ein Beratungsgespräch und eine langjährige Kundenbeziehung. Der menschliche Faktor bleibt auch in Zukunft wichtig. Indes nimmt die hybride Beratung, also Mensch und Technik in Kombination, durchaus zu.

Warum?

Es geht um Vertrauen. Eine KI wird zwar von Menschen programmiert, doch diese kennen die Kundschaft nicht – und er oder sie ihn auch nicht. Darum sind digitale Hilfsmittel zwar wichtig, erleichtern unsere Arbeit, doch sie ersetzen den Menschen nicht.

Auch in Zukunft nicht? Die Generationen Z und Alpha wachsen mit KI und in einer digitalen Welt auf!

Ja. Das sehe ich auch bei meinen beiden Kindern im Teenageralter. Sie werden das traditionelle Bankgeschäft gar nicht mehr kennen. Aber sie haben dieselben Bedürfnisse wie ihre Eltern und Grosseltern. Und wie sie setzen auch sie ihre Hoffnungen und Träume in einen Anlagemarkt, der sehr viel Erfahrung und Antizipation künftiger Entwicklungen voraussetzt.

Geht es beim Anlegen nur um finanzielle Sicherheit oder Profit?

Nein. Vom Markt her betrachtet, bestimmen Anlegerinnen und Anleger auch über die Zukunft der Wirtschaft und der Marktstruktur. Sie setzen die künftigen Trends und bestimmen über neue Themen und Veränderungen.

Sind jüngere Kundinnen und Kunden auch sensibilisierter für gewisse neue Anlagethemen?

Beispielsweise Bitcoin? Dieses Thema verfolgen wir sehr aufmerksam, empfehlen es aber zurzeit nicht. Für die jungen Menschen ist Nachhaltigkeit selbstverständlich, doch auch ältere Personen fragen nach Anlagen, die nachhaltig und «grün» sind. Sie möchten sicher sein, dass ihr Geld sorgfältig angelegt ist – auch dafür steht ein generationenübergreifendes Bankhaus wie die DC Bank. Die Burgergemeinde Bern als Eigentümerin würde niemals gegen ethische Prinzipien verstossen. Welche Themen unseren Kundinnen und Kunden wichtig sind, erkennen wir im persönlichen Gespräch. So können wir nicht nur optimal zugeschnittene Lösungen anbieten, sondern auch gezielt helfen, wenn Herausforderungen auftauchen.

Herausforderungen wie beispielsweise Unsicherheit im Umgang mit gewissen Trends in der Finanzkriminalität?

Mit den Kundinnen und Kunden besprechen wir solchen Themen immer wieder. Es kursieren viele Falschinformationen. Betrüger kontaktieren einen per LinkedIn oder WhatsApp, sie versprechen grosse Profite oder setzen einen unter Druck. Auch darum ist ein vertrauensvoller und offener Umgang mit der Kundschaft extrem wichtig.

Über die Gesprächspartnerin

Emilia Marcolino ist Leiterin Wealth Management der DC Bank.
Sie war zuvor seit 1988 bei mehreren Banken unterschiedlicher Grössen und Ausrichtungen tätig, zuletzt bei der Freiburger Kantonalbank, davor bei Grossbanken sowie der PostFinance.